ERFAHRUNGSBERICHT EINER REISE
Durga’s Tiger School, Ecuador 2022
Kennst du dieses Gefühl sich in einer Sackgasse zu befinden? Schon oft zurückgeschoben, manchmal auch zurückgerudert, ab und zu zurückgeschlichen waren Lösungsversuche der Wahl.
Und dennoch hast du dich kurze Zeit später am Ende eines Weges wiedergefunden. So in etwa habe ich mich in den letzten Monaten, vielleicht auch Jahren vor und zurückbewegt. Ein Hin und Her, vor und zurück inklusive Aufs uns Abs. Als sich dann Dinge im Außen veränderten, so zum Beispiel hat sich mein Pferd eine neue Besitzerin ausgesucht, war ich auf einmal freier neue Wege zu beschreiten. Der Wunsch nach einer Auszeit konnte Gestalt annehmen.
Schon lange, gefühlt mein ganzes Leben, hegte ich den Wunsch einen längeren Auslandsaufenthalt zu erleben. Ende 2021 war dessen Umsetzung auf einmal greifbar. Ich machte mich auf die Suche nach Möglichkeiten, mich für eine Zeit lang zurück zu ziehen und wurde gefunden. Durga’s Tiger School in Ecuador hat sich beim ersten Klick fest in meinen Kopf gesetzt und war nicht mehr abzuschütteln. Ich fühlte diesen sagenumwobenen „Call“ und war felsenfest überzeugt: „Dort muss ich hin.“ Angeboten wurden 200, 300 oder 500 Stunden Yogalehrerinnenausbildungen in Kaula Tantra Yoga. In Wochen gerechnet waren es 4, 6 oder 9 Wochen. Ich entschied mich für den Mittelweg und machte mich daran Möglichkeiten für diese Auszeit auszuloten. Währenddessen fühlte ich mich von rundherum unterstützt. Es lief alles glatt und wie auf Schienen. Meine Prämisse war, mir keinen Druck zu machen, das Universum schalten und walten zu lassen. Ein Training, um im Vertrauen zu bleiben und ein kleiner Ausweg, damit sich das Abenteuer vielleicht dann doch nicht realisieren lässt. Hat nix geholfen! Eine liebe Psychotherapiekollegin hat sich bereit erklärt, Klient*innen und Patient*Innen während meiner Abwesenheit zu betreuen, meine Arbeitgeberin willigte ein, mich zu beurlauben und meine Teamkolleg*Innen betreuten während meiner Abwesenheit die Kinder und Jugendlichen, die mir im Rahmen meiner Arbeit in einem Kinderschutzzentrum anvertraut waren.
So stieg ich also am 4.02.2022 in Wien in das Flugzeug nach Amsterdam, von wo ich nach Quito weitergeflogen bin. Zur Beruhigung habe ich brav die CO2 Entschädigung beim Ticketkauf dazu gebucht. Mit der festen Bereitschaft meine Komfortzonen zu verlassen kam ich am Nachmittag in Quito an. Dort verbrachte ich 2 Tage und fand auch dort engelhafte Unterstützung. Maria, die Hotelmanagerin hat mich 2 Tage lang, teilweise in ihrem Privatfahrzeug durch die höchstgelegene Hauptstadt der Welt geführt. Quito liegt auf 2850m Seehöhe in den Vorläufern der Anden. Ich hätte es nicht besser planen können! Sightseeing mit Herz von einer Einheimischen. Planen ist gut, Vertrauen ist besser!
Am 6.02.2022 kam ich in Tumbacco, einem Vorort Quitos in Durga’s Tiger School an. Es regnete wie aus Kübeln. Caro, eine der Mitarbeiterinnen nahm mich mit Regenschirm in Empfang und führte mich zu meinem Zimmer. Das befand sich etwas abseits der Schule und war nur über einen steilen Erdweg, bergab erreichbar. So ist das also, wenn man die Nase aus Komfortzonen steckt.
Die nächsten 6 Wochen waren mit Stundenplänen, langen Tagen und festen Essenszeiten von Montag bis Freitag durchgeplant. An den Wochenenden hatten wir frei und nutzten die Gelegenheit das nähere Umland, im wunderschönen Ecuador kennen zu lernen. Wir besuchten Otawalo, in dem der größte Handwerksmarkt in Südamerika stattfindet. Wir badeten in heißen Quellen, was unseren Yoga strapazierten Muskeln sehr gefiel oder nutzten die Wochenenden um zu entspannen oder Quito zu besuchen.
Die Wochentage waren ausgefüllt mit Kaula Tantra Yoga, dessen vorgegebene Serie 3 Stunden dauert. Dieses Yoga besteht zu einem großen Teil aus entspannendem Shavasana und leichten Asanas (Übungen). Es richtet sich ans Unbewusste und ermöglicht tiefe Kontaktaufnahme mit sich selbst. Zusätzlich hat uns der Unterricht von angewandtem, tantrischem und schamanischem Wissen und verschiedenen Workshops viele Erfahrungen und ein wenig Wissen geschenkt. Die Workshops befassten sich mit Improvisationstheater, Ausdruckstanz (Durga’s Tiger Dance) und Begegnung mit sich und anderen auf verschiedenen Ebenen (Sounds&Senses). Dazwischen gab es, unter anderem Klassen rund um die Organisation der anfallen Arbeiten im „Haushalt“, die im Rahmen eines Communitylebens so anfallen und als Karma Yoga gelebt wurden. Es wurden kleine Zettel gezogen, über die man sich mehr oder weniger gefreut hat. Die „Talking Stick“ Runde gab jedem*R Teilnehmer*In Raum, um Dinge auszusprechen, die beschäftigen und geteilt werden wollten. Für manche ein Albtraum, dem es zu entfliehen galt. Für andere eine wunderbare Gelegenheit sich zu zeigen und gesehen zu werden.
Im Rahmen meines sechs wöchigen Aufenthaltes wurden uns auch 3 Zeremonien geboten. Als Novizin nahm ich an einer Rapé Zeremonie, einem Temazcal Besuch und einer Ayahuasca Zeremonie teil.
In die Rapé Zeremonie bin ich im Rahmen einer Wanderung auf den Ilalo, einem heiligen Berg hineingestolpert. Unangekündigt und doch gut vorbereitet lies ich mir, auf schamanische Art und Weise Tabak in die Nase blasen. Rapé wirkt in erster Linie auf spiritueller Ebene. Es hilft mentale festgefahrene Denkmuster aufzulösen, befreit den Energiekörper von fremden Energien und öffnet und harmonisiert die Chakren.
Vor der Teilnahme am gemeinsamen Schwitzen im Temazcal, auch Schwitzhütte genannt, war ich sehr aufgeregt. Wir waren 24 Leute auf 4m² im Dunklen. Es war heiß und eng, innere Reinigung und Möglichkeit zur Transformation.
Die Ayahuasca Nacht war ein wunderbares, schönes Erlebnis. Getragen und gehalten wurde die Gruppe von Wind, Schamane und Leiter der Schule und Bettina, einer Lehrerin und wunderbaren Frau. Meine Befürchtungen, was die Pflanze mit einem anstellen kann sind alle nicht eingetreten. Fast ausgeruht konnte ich am nächsten Tag, Eindrücke und Bilder der vergangenen Nacht verdauen.
Unsere Gruppe bestand aus wunderbaren Menschen unterschiedlichster Herkunft und gestreutem Alter. Ich durfte viele, viele heilsame und wunderschöne Erfahrungen machen. In einer Mischung aus Skikursstimmung, Familienleben und tiefem, schnell gewachsenem Vertrauen sind wir uns sehr nahegekommen. Ein offener und herzlicher Umgang miteinander war an der Tagesordnung. Das gemeinsame Erleben transformierender Prozesse, der Austausch (über) innere(r) Konflikte und herausfordernden Gefühlen war neben Spaß und Leichtigkeit der elastische Kleber unserer dynamischen Gruppe.
Sehr dankbar über die gewonnenen Erfahrungen, geschlossenen Freundschaften und erlebten Eindrücke versuche ich nun, mich in mein Leben zu schmiegen. Ich habe neue Ecken in mir kennen gelernt, Selbstbilder justiert und mein tiefes Ich konnte durchatmen. Mal sehen, wann es der nächsten Sackgasse zu entfliehen gilt! Die gehören zum Leben, denn bekanntlich findet wer sucht.